Immunsystem stärken beim Hund
Das Immunsystem schützt den Hund vor endo- und exogenen, krankmachenden Reizen. Also Reizen, die aus der Umwelt auf den Körper einwirken (bspw. Keime, Strahlung, Temperatur) oder auch im Körper selbst entstehen (bspw. durch Alterungs oder Stoffwechselprozesse). Mit diesen schädigenden Faktoren muss das Immunsystem des Hundes sich permanent auseinandersetzen. Und vor allem muss es unterscheiden können, was ein schädigender oder nützlicher Reiz bzw. Stoff ist. So muss es bspw. im Verdauungstrakt mitentscheiden, welche Nähr- und Wirkstoffe aus der Nahrung in den Blutkreislauf übergehen dürfen, um den Körper zu versorgen. Es muss gesunde, körpereigene Zellen von entarteten, überalterten Zellen unterscheiden können und Eindringlinge wie Viren, Bakterien und Pilze unschädlich machen.
Aufbau und Funktion des Immunsystems
Das Immunsystem kann in zwei Abwehrprinzipien unterteilt werden:
1. angeborene Abwehr
2. die adaptive Abwehr
1. Die angeborene, unspezifische Abwehr
Dazu gehören die äußeren Barrieren mit ihren erregerabweisenden Flüssigkeiten und dem niedrigen pH-Wert (Hornschicht der Haut, Flimmerepithel der Atemwege, Säure des Magens) und die inneren Abwehrmechanismen (Monozyten und Granulozyten, Interleukine, Interferone, Fieber). Vom Prinzip her funktionieren die verschiedenen Teile der angeborenen Abwehr bei jedem Hund gleich. Vorausgesetzt, der Hund ist gesund. Erkrankungen der Haut, der Atemwege, des Magens und des Blutes können die angeborene Abwehr enorm schwächen.
2. Die adaptive, spezifische Abwehr
Lymphozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen. Die B-Lymphozyten entwickeln bei Kontakt mit eindringenden Erregern (Antigenen) sogenannte Immunglobuline (Antikörper). Diese wirken ganz spezifisch auf dieses Antigen, binden es und machen es damit unschädlich (= humorale Abwehr). Man nennt diesen speziellen Abwehrmechanismus das “Schlüssel-Schloss-Prinzip”, wobei jeder Erreger sein eigenes Schloss hat und die B-Lymphozyten den passenden Schlüssel dazu herstellen müssen. Den Bauplan für die meisten Schlüssel behält der Körper, sodass bei erneutem Erregerkontakt ganz schnell neue, passende Schlüssel produziert werden. Daher ist der erwachsene Hund gegen viele Krankheiten “immun”, d.h. es kommt nicht, oder nur schwach zum erneuten Krankheitsausbruch. Die adaptive Abwehr „lernt“ und entwickelt sich ein Leben lang. Antikörper und Gedächtniszellen reagieren bei erneutem Kontakt mit dem gleichen Antigen schneller und ermöglichen so eine unmittelbare Abwehrreaktion.
Zusammenhang zwischen Immunsystem, Nervensystem und Verdauungssystem
Besonders spannend und interessant wird es, wenn man sich die organischen Zusammenhänge des Immunsystems genauer anschaut: Im Bereich des Dünn- und Dickdarms treffen drei Organsysteme zusammen, die sich gegenseitig in hohem Maß beeinflussen:
• das Verdauungssystem mit der Darmmikrobiota
• das (enterische) Nervensystem
• das (darmassoziierte) Immunsystem (GALT)
Das Verdauungssystem mit der Darmmikrobiota
Die Darmwand dient als Filter zwischen dem Blut und dem Darminhalt (Nahrung). Nähr- und Wirkstoffe passieren diese Barriere, um die Körperzellen zu versorgen. Dabei dürfen keine Krankheitserreger den Darm verlassen und ins Blut übergehen.
Der Dickdarm ist mit einem dichten Teppich an Keimen bedeckt, diese Keimflora nennt man das Darmmikrobiom. Der größte Anteil dieser Keime fördert die Gesundheit des Hundes und übernimmt eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben für einen funktionierenden Organismus.
Im Bereich von Dünn- und Dickdarm treffen die Immunzellen daher auf eine Vielzahl von Erregern und lernen gesundheitsfördernde Keime von krankmachenden Keimen und körpereigenen Zellen zu unterscheiden. Leidet der Hund unter Darmschleimhautdefekten (bspw. durch chronische Darmentzündung) oder haben sich zu viele schädigende Keime im Dickdarm angesiedelt, wird das Immunsystem dauerhaft zu vielen oder zu wenigen Reizen ausgesetzt.
Das (enterische) Nervensystem
Das enterische Nervensystem (ENS) ist ein Netz von Nervenzellen, das den Verdauungstrakt in seiner ganzen Länge umspannt. Das ENS ähnelt funktional stark dem Gehirn, es hat einen identischen embryonalen Ursprung und nutzt die gleichen neuronalen Netzwerke und Neurotransmitter (bspw. Serotonin). Das enterische Nervensystem kommuniziert über den Vagusnerv ständig mit dem Gehirn. Kopf und Bauch tauschen also auf direktem Wege Informationen aus. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom “Kopfhirn” und vom “Bauchhirn”. Man muss sich also gar nicht immer fragen, ob man dem Verstand oder dem Bauchgefühl mehr Vertrauen schenken sollte. Die beiden sind sowieso in den meisten Fällen der gleichen Meinung, zumindest auf der ersten Entscheidungsebene.
Die Darmflora produziert Hormone, Immunmoleküle und Metaboliten und nimmt dadurch Einfluss auf die Blut-Hirn-Schranke und das Gehirn. Sie bestimmt also mit, welche Stoffe aus dem Blut ins Gehirnwasser übergehen dürfen und somit direkten Kontakt zum zentralen Nervensystem haben. Eine erstaunliche und folgenschwere Einflussnahme, schließlich ist das zentrale Nervensystem die oberste Schalt- und Kommandozentrale.
Außerdem kann die Darmflora über bestimmte Metaboliten die Serotoninproduktion in der Dickdarmwand stimulieren und dadurch die emotionale Lage des Hundes entscheidend beeinflussen. Serotonin ist das Glückshormon, es vermittelt ein wohliges, zufriedenes Gefühl. Es macht den Hund ausgeglichen und entspannt. Die Verdauung beeinflusst also auch die Emotionen.
Das (darmassoziierte) Immunsystem
Die Aufgabe des darmassoziierten Immunsystems ist die Abwehr von Keimen zur Verhinderung einer Infektion. Es besteht aus den lymphatischen Geweben der Mandeln, der Peyer-Plaque im Dünndarm und des Blinddarms. Etwa 80% des gesamten Immunsystems des Hundes sitzt in den Lymphfollikeln des Darms. Kein Wunder, wenn man bedenkt, welch hohe Keimdichte im Darm herrscht und wie nah diese Keime dem Blutsystems kommen, getrennt nur durch die Darmwand und die Abwehrfunktionen des Immunsystems.
Die Darmflora, das enterische Nervensystem und das Immunsystem beeinflussen sich in hohem Maße gegenseitig, sowohl was Gesundheit als auch Krankheit angeht. Funktionsstörungen des Immunsystems haben also auch immer Auswirkungen auf die Verdauung und das Gemüt des Hundes.
Funkionsstörungen des Immunsystems
Funktionsstörungen des Immunsystems – Abwehrschwäche, Allergie, Autoimmunerkrankung
Die Funktion des Immunsystems kann auf drei Arten gestört sein:
• Abwehrschwäche
• Allergie
• Autoimmunerkrankung
Die Abwehr- oder Immunschwäche
Das Immunsystem ist nicht oder nicht ausreichend in der Lage eindringende Erreger abzuwehren. Daraus ergibt sich für den Hund eine erhöhte Infektanfälligkeit und schlechte Wundheilung.
Die Allergie
Beim Allergiker reagiert das Immunsystem mit überschießenden Abwehrreaktionen auf harmlose Reize. Häufig auf bestimmte Proteine aus der Nahrung oder der Umwelt. Der Klassiker: Ein Hund, für den Kaninchenfleisch als natürliches Beutetier von Caniden eine eigentlich gut verträgliche Proteinquelle darstellt, kann bei einem überschießenden Immunsystem allergisch auf Kaninchenprotein reagieren. Folge dieser immunologischen Fehl- und Überreaktion sind chronische Entzündungen, Juckreiz und Ödeme.
Die Autoimmunerkrankung
Im Falle einer Autoimmunerkrankung greift das Immunsystem körpereigene Zellen an und zerstört diese. Man spricht also auch hier von einer Fehlsteuerung. Das Immunsystem trifft falsche Entscheidungen, kann “Freund” nicht mehr von “Feind”, den eigenen Körper nicht mehr von Fremdzellen unterscheiden. Der Schaden, den es dabei anrichtet ist groß und kann lebensbedrohlich werden. Es kommt zu chronischen Entzündungen und Organschäden.
Ursachen von Funktionsstörungen des Immunsystems
Wir haben bereits festgestellt, dass das Immunsystem eng mit dem Verdauungs- und Nervensystem zusammenarbeitet. Die krankmachenden Faktoren können sich also auch aus Erkrankungen der Verdauungsorgane oder allgemein aus häufigen Stresssituationen ergeben. Wir kennen das alle: Nach einer nervenaufreibenden Woche oder einer anspruchsvollen Arbeitsphase freuen wir uns auf ein erholsames Wochenende oder den verdienten Urlaub – und werden krank. Das überlastete Immunsystem fordert seinen Tribut.
• nicht gut ausgeprägtes Immunsystem bei Welpen
• nachlassende Immunstärke bei Senioren oder vorbelasteten Tieren
• unpassendes/minderwertiges Futter
• Dysbakterie
• Ekto- und Endoparasiten
• häufige Impfungen
• chemische Spot-ons
• Belastung durch Schadstoffe aus der Umwelt
• genetische Disposition einiger Rassen für Allergien bzw. Autoimmunerkrankungen
Immunmodulation - naturheilkundliche Prophylaxe und Therapieansätze
Nicht immer ist es der richtige Ansatz, das Immunsystem zu stärken. Leidet der Hund an einer Allergie oder Autoimmunerkrankung, arbeitet das Abwehrsystem ohnehin auf Hochtouren und sollte eher gedrosselt, bzw. neu ausgerichtet werden. Wir müssen bei der Therapie kranker Hunde unterscheiden zwischen einem geschwächten oder einem fehlgesteuerten Immunsystem und die Behandlung entsprechend anpassen.
Immunmodulation – wie geht man vor?
• Fütterung optimieren
• hohe Qualität der Lebensmittel
• hoher Anteil an frischen, pflanzlichen Produkten (Gemüse, Kräuter)
• Einsatz von Pflanzenöl
• bei Allergieerkrankungen: Eliminations-Diät (single protein)
• Stress durch Ruhephasen ausgleichen
• schädigende Faktoren reduzieren (bspw. synthetische Spot-ons durch natürliche Mittel ersetzen)
• Laboranalyse auf Dysbakterie und ggf. anschließende Darmsanierung
• Vitalpilze für die modulierende Wirkung auf das Immunsystem